
Viele Wege führen bekanntlich nach Rom, zwei führen in die Lust.
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Zwei Wege in die Lust
Um sich sexuell zu erregen können wir uns grundsätzlich mehrerer Hilfsmittel bedienen.
Da gibt es zum einen die sogenannten Erregungsquellen. Eine Erregungsquelle kann alles sein, was wir mit unseren 5 Sinnen wahrnehmen können, also ein Geruch, ein Geschmack, Bilder oder Texte, Geräusche oder eine Berührung die wir kognitiv mit einer sexuellen anregend Erfahrung oder Phantasie verbinden so, dass diese sexuelle Erregung in uns auslöst. Einfach ausgedrückt ist es ein Weg vom Außen über den Kopf in die Lust.
Es gibt aber auch noch einen zweiten Weg, und der führt von Innen über unseren Körper direkt in die Lust. Unser Körper stellt uns Tools zur Verfügung mit denen wir direkt Einfluss auf unsere Lust und unsere Erregung nehmen können. Die meisten Menschen wenden diese Tools auch an, den wenigsten aber, ist dies bewusst.
Das liegt daran, dass wir schon sehr früh in unserer Kindheit lernen Lust wahrzunehmen. Genaugenommen beginnt das bereits im Mutterleib spätestens aber, sobald wir lernen unseren Körper bewusst zu bewegen. Bewegungen die wir als besonders Angenehm oder Lustvoll wahrnehmen, wiederholen wir immer wieder haben sie irgendwann so eintrainiert, dass wir gar kein Bewusstsein mehr darüber haben, was wir eigentlich genau tun, damit es sich so anfühlt wie wir es gerne haben.
Zum Beispiel strecken und recken wir uns in der Früh nach dem Aufwachen und es fühlt sich gut an. Aber was genau machen wir da. Die wenigsten denken bewusst darüber nach welchen Arm und welches Bein sie wann und wo hinstrecken. Wir tun es einfach.
Raus aus dem Automatismus
In der Sexualität ist das nicht anderes. Die meisten von uns haben irgendwann einen Weg gefunden ihre Erregung beim Sex zu modulieren und gegebenenfalls auch bis zu einem Höhepunkt zu steigern. Das ist auch wunderbar, so lange es funktioniert. Das Problem ist, wenn es irgendwann einmal nicht mehr so funktioniert wie wir es gewohnt sind, haben wir kaum eine Idee woran es liegen könnte noch was wir ändern müssten. Dann müssen wir runter von der Autobahn und raus aus dem Automatismus.
Die Tools die uns unser Körper zur Modulation unserer Lust zur Verfügung stellt sind der Muskeltonus, der Rhythmus, der Bewegungsraum und die Atmung. Wenn wir uns ein Bewusstsein darüber verschaffen wie wir diese vier Aspekte in unserem Liebesspiel einsetzen, dann können wir damit nicht nur unsere Lust und unsere Erregung beliebig nach oben und nach unten modulieren solange wir wollen sondern auch bewusst entscheiden wann und wie viele Höhepunkte wir erleben möchten. Und das schöne daran ist, wir sind damit unabhängig von äußeren Erregungsquellen die wir vielleicht nicht immer zur Verfügung haben.
Das Mischpult der Lust
Ein Model, das mir besonders gut gefällt ist das "Mischpult der Lust", welches von Wolfgang Kostenwein am Institut für Sexualpädagogik in Wien entwickelt wurde. Wenn wir uns Vorstellen, dass es für jeden der vier Aspekte Tonus, Rhythmus, Atmung und Bewegungsraum einen Regler auf einem Mischpult gäbe, dann könnten wir, so wie ein DJ seine Musik abmischt, unsere sexuelle Lust gestalten und modulieren. Was aber genau bedeutet das und wie funktioniert es?
Der Regler, den die Meisten von uns wahrscheinlich kennen, ist der Rhythmus. Ich denke jeder hat bereits die Erfahrung gemacht, dass sich der Rhythmus beim Liebesspiel, also die Geschwindigkeit der Bewegung bei der Stimulation oder der Penetration die Lust in die Höhe treibt. Genauso kann man durch verlangsamen der Bewegung eventuell auch einen Höhepunkt mal ein wenig Hinauszögern. Und genauso verhält es sich bei der Muskelspannung also dem Tonus aber auch dem Bewegungsraum und der Atmung.
Alle vier Aspekte haben eines gemeinsam, sie können die Lust und Erregung antreiben oder bremsen. Was die Regler unterscheidet ist wie weit sie sich auf das körperliche Empfinden also die körperliche Erregung oder auf das emotionale Lusterleben auswirken. Da hat nämlich jeder Aspekt eine etwas andere Wirkung. Daher macht es Sinn mit allen Aspekten zu experimentieren und zu erforschen, wie sie sich in Deinem speziellen sexuellen System auswirken und wie Du sie für Dich zur Steigerung Deiner Lust oder zum beheben sexueller Dysfunktionen optimale nutzen kannst.
Das Erarbeiten, wie sich diese Körpertools in Deinem sexuellen System auswirken, ist ein wesentlicher Bestandteil eines sexologischen Coachings. Es bildet quasi die Grundlage für den Coaching-Prozess. Oft ist es nämlich nicht nur der gelernte Automatismus der unserer Sexualität bestimmt, sondern kognitive Überzeugungen, Glaubenssätze, falsches Wissen, Mythen, Ängste oder Scham, die dazu führen, dass wir unsern Körper eingeschränkt und einseitig benutzen.
Das Ziel eines sexologischen Coaching-Prozesses ist es solche Einschränkungen aufzulösen und die eigenen Körpertools so zu erweitern, so dass Sexualität wieder zu einem Lustvollen und Erfüllenden Erlebnis wird.